Russische Invasion in der Ukraine gefährdet positive Kapitalmarktentwicklung
Das Jahr 2021 stand überwiegend im Zeichen einer starken Erholung von der Covid-19-Krise, in der Gesamtwirtschaft ebenso wie auf den Finanzmärkten. Hauptgrund dafür waren die über weite Strecken erfolgreichen Gegenstrategien zur Eindämmung der Pandemie in Kombination mit nie da gewesenen geld- und fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen auf beiden Seiten des Atlantiks. Das Resultat war eine kräftige Erholung der Wirtschaft nach den deutlichen Wachstumseinbrüchen im Zuge der Covid-19-Krise. Leider überschattet der Ende Februar ausgebrochene Krieg in der Ukraine die weitere Wirtschaftserholung im Jahr 2022. Insbesondere die Kurse europäischer Wertpapiere haben infolge der russischen Invasion negativ reagiert.
Aktienrally im Jahr 2021
Die globalen Aktienmärkte hatten bereits seit dem Herbst 2020 auf ein Szenario starker Konjunkturdaten und steigender Unternehmensgewinne gesetzt und entsprechende Zuwächse verzeichnet. Diese Rally setzten zahlreiche wichtige Aktienindizes dank verbesserter Konjunkturindikatoren und anziehender Arbeitsmärkte im Jahr 2021 fort. So feierte der S&P 500 im August 2021 eine Verdopplung seit den Tiefstständen der Covid-19-Krise und markierte in der Folge laufend neue Rekordstände. Ende Dezember 2021 lag der breite US-Markt – gemessen am S&P 500 – gegenüber dem Jahresbeginn mit knapp 27 Prozent im Plus. Noch deutlich stärker zeigte sich die Entwicklung beim heimischen ATX, der im Jahresverlauf sogar um 44 Prozent zulegte. Haupttreiber der insgesamt starken globalen Aktienmarktperformance war neben dem Wiedererstarken der Weltkonjunktur tatsächlich die erwartete Gewinnentwicklung der Unternehmen.
Steigende Inflation, anhaltend niedrige Zinsen im Euroraum
Während das Bruttoinlandsprodukt des Euroraums im Jahr 2021 um rund 5,0 Prozent zulegen konnte, wies auch die Inflationsrate einen steten Aufwärtstrend aus: Einem Wert von –0,3 Prozent im Dezember 2020 stand Ende 2021 eine beachtliche Teuerungsrate von mehr als 4 Prozent gegenüber. Weiterhin niedrig blieben hingegen die Zinsen. So sorgte die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) auch 2021 dafür, dass sich die Geldmarktsätze (Euribor) eng am EZB-Einlagesatz von –0,5 Prozent orientierten. Im März reagierte die EZB auf einen nicht erwünschten Anstieg der langfristigen Zinsen und erhöhte im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme das monatliche Volumen an Anleihekäufen. Bis Ende August notierten die langfristigen Zinsen deshalb weiterhin nur knapp über den kurzfristigen Zinssätzen. Ab September bewegten sich die mittel- bis langfristigen Kapitalmarktsätze zwar etwas nach oben, was kurzfristig auch höhere Zins- und Inflationserwartungen auslöste. Gegen Ende des Jahres führten die neuerlichen Sorgen hinsichtlich der Pandemie- und der Wirtschaftsentwicklung jedoch wieder zu einer Verflachung der Zinskurve. Im Gegensatz zur Entwicklung im Euroraum sind die Zinserwartungen in den USA bereits zum Jahresende 2021 gestiegen. Diese Aufwärtsbewegung wurde vor allem von der US-Zentralbank FED angetrieben, die für das Jahr 2022 unmissverständlich eine Straffung der ultralockeren Geldpolitik signalisiert hat.
Krieg in Europa
Mit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine ist im Februar 2022 sehr große Ungewissheit in Europa eingekehrt. Über das unvorstellbare menschliche Leid in der Ukraine hinaus sind die mittel- bis langfristigen Auswirkungen im Bereich der europäischen Real- und Finanzwirtschaft aktuell – Mitte März – kaum absehbar. Als Antwort auf den völkerrechtswidrigen Angriff haben die westlichen Länder, allen voran die USA, beispiellose Sanktionen gegen Russland beschlossen und umgesetzt. Davon direkt oder indirekt betroffen sind globale Rohstoff- und Nahrungsmittelmärkte, Energiepreise, Vorprodukte der Industrie und insbesondere internationale Finanztransaktionen mit Russland. Die Kapitalmärkte haben entsprechend reagiert, insbesondere die europäischen Aktienindizes haben an Wert verloren.