6. Risikobericht
6.3 Herausforderungen und Prioritäten im Risikomanagement für 2017
Herausforderungen
Niedrigzinsumfeld
Das Niedrigzinsumfeld hat sich auch im Jahr 2016 weiter manifestiert und teilweise wurden historische Tiefstände erreicht. Dieser Effekt hat besonders starke Auswirkungen im Bereich der Lebensversicherung. Abhängig von der Veranlagungsstrategie können die anhaltend niedrigen Zinsen dazu führen, dass die erwirtschafteten Erträge nicht ausreichend sind, um die Garantien der Versicherungsnehmer zu finanzieren. Das Thema Niedrigzins bewegt nach wie vor die europäische Versicherungsbranche und führt zu intensiven Diskussionen darüber, wie die nachhaltige Finanzierung von Optionen und Garantien der Kunden gewährleistet werden kann (im Bestand wie für das Neugeschäft). Als wesentliche Maßnahme im Rahmen der definierten Lebensstrategie hat UNIQA den Fokus auf die Umsetzung des ALM-Ansatzes inklusive stringenter Managementregeln (z. B. Steuerung der Gewinnbeteiligung) gelegt sowie die Ausrichtung der Neugeschäftsstrategie im Personenversicherungsbereich durch ein kontinuierliches Bestandsmanagement begleitet.
Zinszusatzreserve
Ein Spezialthema sind (nach Ländern unterschiedliche) Anforderungen zur Bildung von sogenannten Zinszusatzreserven (ZZR), die in der jeweiligen lokalen Rechnungslegung eine Vorsorge im Niedrigzinsumfeld fordern. UNIQA hält in den österreichischen Gesellschaften (hier besteht die gesetzliche Anforderung, ZZR zu bilden) per 31. Dezember 2016 eine Rückstellung von 100,2 Millionen Euro (32,6 Millionen Euro Zuführung), die ausschließlich in der lokalen Rechnungslegung besteht. Den ZZR in der lokalen Rechnungslegung steht der sogenannte Liability-Adequacy-Test (LAT) zur Überprüfung der Angemessenheit der Reserven im Rahmen des IFRS-Abschlusses gegenüber. In Abhängigkeit von der Zinssituation und der daraus resultierenden Planung der Kapitalerträge besteht in Zukunft das grundsätzliche Risiko eines potenziellen Reservierungsbedarfs aus dem LAT. Nach einer positiven Entwicklung des versicherungstechnischen Ergebnisses im Jahr 2015 im Schaden-/Unfallbereich konnte die Ertragssituation im Jahr 2016 weiter stabilisiert werden.
Diese Entwicklung wurde auch gestützt durch das Ausscheiden oder den Rückzug von Mitbewerbern und eine damit einhergehende Entspannung der Konkurrenzsituation in einzelnen Märkten. Trotz dieser positiven Entwicklung ist für die nächsten Jahre zu erwarten, dass der Preiswettbewerb weiter anhalten wird, vor allem in den zentraleuropäischen Märkten. Aufgrund der diversen Konzerninitiativen wird das Prämienaufkommen im Segment Schaden/Unfall trotzdem weiterhin als wachsend erwartet. Auch das Abwicklungsergebnis hat im Jahr 2016 einen positiven Ergebnisbeitrag geliefert. Durch weitere Anstrengungen im Bereich der Schadenreservierung bzw. der sukzessiven Erweiterung des Reservenmonitorings soll das Risiko von möglichen Abwicklungsverlusten in Zukunft weiter stetig reduziert werden.
Investitionsprogramm
Modernisierung IT-Landschaft
Als eines der wichtigsten und zentralsten Vorhaben gilt die Komplettmodernisierung der IT-Verwaltungs- und -Leistungssysteme der UNIQA Group. Die Bestandsverwaltungs- und -leistungssysteme, die aktuell im Einsatz sind, haben ihre Nutzungsdauer weitestgehend erreicht. UNIQA plant daher eine ganzheitliche Modernisierung der IT. Die konkreten Vorbereitungen dafür begannen 2016 und der Beginn der Umsetzung ist für das erste Quartal des Jahres 2017 vorgesehen. Dieses Programm nimmt die Modernisierung der wichtigsten Versicherungsprogramme in Angriff und ermöglicht damit, dem sich ständig ändernden Wettbewerbsumfeld und den Ansprüchen der Kunden und Produkte des modernen Versicherungsmarkts gerecht zu werden. Die Modernisierung der IT ist daher gemessen an Umfang, Dauer und Komplexität die größte Herausforderung der UNIQA Group in den kommenden Jahren. Das benötigte Investitionsvolumen wird (inklusive der Migration bestehender Systeme) in den sechs größten UNIQA Märkten in einer Bandbreite von 350 bis 450 Millionen Euro (in einem Zeitraum von zehn Jahren) geschätzt. In der Finanzplanung 2017 – 2019wurde ein Aufwand von 115 Millionen Euro geplant. Aus dem Wissen um in der Branche durchgeführte Systemmodernisierungen sind die Risiken der Budgeteinhaltung wohlbekannt. Der Vorstand hat den Geschäftsfall neben einer besten Schätzung auch zwei davon abweichenden Szenarien ausgesetzt. Weitere Analysen fanden im Zuge der ORSA statt.
Digitalisierung
Um die Modernisierung der IT erfolgreich umsetzen zu können, arbeitet UNIQA aktuell an der Implementierung eines Zielbetriebsmodells für den Standort Österreich. Seit 1999 waren die Prozesse zur Bearbeitung von Geschäftsfällen durch Fusionen und Übernahmen beeinflusst, was in einer höchst komplexen Prozesslandschaft versehen mit vielen Abhängigkeiten resultierte. Mit dem Projekt zur Implementierung eines Zielbetriebsmodells wird die Abarbeitung von Geschäftsfällen auf eine zweistufige Logik umgestellt: Stufe-1-Fälle werden ausschließlich entweder automatisiert oder in einer Servicegesellschaft in Nitra, Slowakei, bearbeitet. Stufe-2-Fälle werden in zentralen Einheiten unter Verantwortung der Fachvorstände Versicherungstechnik Leben bzw. Schaden/Unfall abgearbeitet. Das wesentliche Risiko in diesem Projekt ist die Aufrechterhaltung eines stabilen Geschäftsbetriebs.
Eine Modernisierung von Prozessen ist essenziell, um weiterhin innovativ zu bleiben und auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden und Eigentümer eingehen zu können. Damit verbunden ist zwangsläufig auch die Welt der Digitalisierung, auf die wir uns in großen Schritten zubewegen. Immer häufiger rücken Themen rund um Cybercrime, Phishing-Attacken oder Datendiebstahl in den Fokus. UNIQA hat bereits Vorkehrungen getroffen, um das Risiko der Datensicherheit abzudecken. Eine permanente Weiterentwicklung der Sicherheitsmaßnahmen ist allerdings essenziell und wird entsprechend durch den Vorstand unterstützt („tone from the top“).
Operationelles Risiko
Operationellen Risiken, die durch fehlgeschlagene interne Prozesse oder durch unzulängliches Verhalten von Mitarbeitern oder durch andere systembedingte externe Vorfälle entstehen können, wirkt UNIQA mit einem Internen Kontrollsystem (IKS) entgegen. Im IKS werden die aus regulatorischer und unternehmerischer Sicht wesentlichen Prozesse abgebildet und mit entsprechenden Kontrollen und Maßnahmen versehen, um potenzielle Risiken zu minimieren bzw. auszuschließen.
Prioritäten
UNIQA widmet sich dem Thema Weiterentwicklung von zukünftigen IFRS-Standards (IFRS 17, IFRS 9) mit erhöhter Aufmerksamkeit. Die erwarteten Umbrüche in der Beurteilung (Bilanz wie Gewinn- und Verlustrechnung) des Versicherungsgeschäfts benötigen eine hinreichende Vorlaufzeit, um die inhaltlichen und prozessualen Herausforderungen entsprechend umsetzen zu können. Wir erwarten trotz der guten Vorbereitung von UNIQA im Rahmen von Solvency II erhebliche weitere Aufwände, um den kommenden IFRS-Anforderungen entsprechen zu können. In diesem Sinne werden die Ergebnisse der ersten Studien und Workshops im Jahr 2016 anhand eines daraus abgeleiteten Weiterentwicklungsplans für die kommenden Jahre weiterverfolgt.
Weiters hat der Vorstand am 2. Dezember 2016, nach Genehmigung des Aufsichtsrats, den Verkauf der 99,7-Prozent-Beteiligung an der Konzerngesellschaft UNIQA Assicurazioni S.p.A. (Mailand, Italien) beschlossen. Der Verkaufspreis beträgt rund 295 Millionen Euro. Von dem Verkauf umfasst sind die UNIQA Assicurazioni S.p.A. (Mailand, Italien) und ihre in Italien tätigen Tochtergesellschaften UNIQA Previdenza S.p.A. (Mailand, Italien) und UNIQA Life S.p.A. (Mailand, Italien). Der Verkauf der italienischen Gesellschaften ist als aufgegebener Geschäftsbereich klassifiziert. Die mit dem aufgegebenen Geschäftsbereich in Zusammenhang stehenden Vermögenswerte und Schulden werden in der Konzernbilanz unter den Vermögenswerten und Schulden in Veräußerungsgruppen, die zur Veräußerung gehalten werden, ausgewiesen. Das Ergebnis des aufgegebenen Geschäftsbereichs ist in der Konzerngewinn- und -verlustrechnung unter der Position „Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen (nach Steuern)“ dargestellt. Das Closing wird nach Vorliegen aller erforderlichen behördlichen Genehmigungen im ersten Halbjahr 2017 erwartet. Einen starken Effekt hat die Transaktion vor allem auf die ökonomische Eigenmittelquote von UNIQA. Hier wirkt sich vor dem Hintergrund eines anhaltenden Niedrigzinsumfelds vor allem die Reduktion des kapitalintensiven Lebensversicherungsgeschäfts in Italien nachhaltig positiv aus.
Wie schon bei den Aktivitäten für 2016 erwähnt, hatte die Verschmelzung der in Österreich operativen UNIQA Versicherungsunternehmen die Verschiebung des Genehmigungsantrags für das partielle interne Modell der Schaden-/ Unfallversicherung auf 2017 zur Folge. Dementsprechend wird dem Genehmigungsverfahren des partiellen internen Modells und den damit verbundenen benötigten Ressourcen eine hohe Priorität zugeordnet, um das Modell in der Beurteilung der regulatorischen Solvenzposition für Jahresende 2017 heranziehen zu können.
Aus heutiger Sicht sieht UNIQA kein unmittelbares Risiko, das den Fortbestand der Gruppe gefährden könnte.