Schaden- und Unfallversicherung
Deutliche Verringerung der Schaden-Kosten-Quote in der Sachversicherung
Andreas Kößl, verantwortlicher Vor-stand für Sachversicherungen der Gruppe, spricht im Interview über den Maßnahmenplan, mit dem UNIQA die Schaden-Kosten-Quote senken will, darüber, wie selbstfahrende Autos das Kfz-Geschäft verändern werden, und über die Unterschiede zwischen dem Markt in Österreich und jenem in CEE.
Welche Segmente im Bereich der Sachversicherungen machen Freude, welche sind schwierig?
Aktuell laufen in Österreich die Kfz-Haftpflichtversicherung und die private Haushalts- und Eigenheimversicherung wie am Schnürchen, im Gewerbebereich entwickelt sich das klassische Sachversicherungsgeschäft sehr positiv. Nicht so einfach sind in Österreich das übrige Gewerbegeschäft, die Industriehaftplicht und das Kfz-Kaskogeschäft. Die Kaskoversicherung ist einem sehr starken Preisdruck ausgesetzt. Hier bewegen sich die Erträge an der Nulllinie. Aber es machen ja auch Bereiche Freude, bei denen wir noch Spielraum zum Gestalten haben. Natürlich müssen wir kostendeckend arbeiten und eine gewisse Rentabilität erreichen.
Woran hakt es beim Kaskogeschäft in Österreich?
Ein Beispiel sind die Ersatzteile, die teurer geworden sind, weil die Autos mit immer mehr Technik ausgestattet sind. Früher bestand ein Außenspiegel aus etwas Blech und einem Spiegel. Heute ist er schwenk- und abblendbar, hat ein entspiegeltes Spezialglas und integrierte Blinker.
Wie unterscheidet sich das Geschäft in Österreich von dem in CEE?
In Österreich ist das Vertragsportfolio viel breiter gefächert. Zudem ist die Versicherungsdurchdringung höher. Ein Beispiel ist die Haushaltsversicherung: Während in Österreich rund 98 Prozent auf dieses Produkt zurückgreifen, ist es in CEE nur jeder Zweite. In CEE dominieren Kfz-Versicherungen das Geschäft. Die Ertragslage in CEE unterscheidet sich oft ebenfalls von jener in Österreich. In CEE ist es uns gelungen, die Kfz-Kaskoversicherung profitabel zu machen, aber die Kfz-Haftpflicht steht immer noch unter einem hohen Ergebnisdruck.
Woran liegt das?
An den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sich entwickeln und oft geändert werden – in manchen Ländern, wie zum Beispiel Polen, sogar rückwirkend. Das heißt, wir müssen für alte Schäden höhere Leistungen ausbezahlen, haben aber Prämien im Bestand, die auf dem Niveau vor der Gesetzesänderung kalkuliert waren.
Im Kfz-Bereich gibt es zahlreiche Entwicklungen, die das Geschäft beeinflussen könnten, Stichwort „Carsharing“ oder „selbstfahrende Autos“. Wie schätzen Sie diese Entwicklungen ein?
Ich gehe davon aus, dass sich das Kfz-Geschäft durch technologische Entwicklungen und ein neues Mobilitätsverhalten massiv verändern wird. Vor allem in Ballungszentren ist ein Thema immer häufiger: „Nutzen statt besitzen“. Viele Menschen haben kein eigenes Auto mehr, sondern mieten eines, wenn sie es benötigen. Diesen Trend spüren wir bereits in Wien. Hinzu kommen technologische Entwicklungen, die Autos immer selbstständiger werden lassen.
Andreas Kößl, 51,
ist seit Jänner 2014 im Vorstand von UNIQA International und seit Juni 2016 auch im Vorstand von UNIQA Österreich für den Bereich Sachversicherung verantwortlich. Der studierte Betriebswirt, der 1995 in der Internen Revision bei UNIQA startete, war in seiner langjährigen Karriere in einer Reihe leitender Funktionen, unter anderem als CEO von UNIQA Slowakei, tätig.
Es ist Fakt, dass die meisten Unfälle durch eine Verkettung menschlicher Fehlentscheidungen passieren. Das könnte sich mit selbstfahrenden Fahrzeugen ändern. Allerdings sind hier noch viele Fragen offen – etwa jene, wer bei einem Unfall haftet. Das könnte der Software- oder der Produkthersteller sein. Beruhigend ist, dass wir die bestehenden Kfz-Kunden natürlich noch lange betreuen werden.
Combined Ratio senken – der Maßnahmenplan
1. Portfoliomanagement
Teure Risiken zugunsten rentablerer verringern.
2. Pricing
Noch treffsicherere Prämien anbieten.
3. Schadenmanagement
Optimierung der Regulierungspartner-Landschaft im Bereich Kfz-Auslandsschaden.
4. Product Innovation
Zusätzliche Kfz-Telematiktarife und weitere erfolgreiche Produkte in CEE-Märkten ausrollen.
5. Anti-Fraud
Versicherungsbetrug aufdecken und vermeiden.
6. Corporate Business
Technische Unterstützung für Vertriebspartner und Underwriter, um beim Großgeschäft Risiken besser einschätzen zu können.
Diese Entwicklungen dürften sichkünftig positiv auf die Schaden- Kosten-Quote (Combined Ratio) auswirken. 2016 lag diese bei 98,1 Prozent und damit nochnicht bei Ihrem mittelfristigen Zielwert von 95 Prozent. Warum?
Unsere Fortschritte bei der Steigerung der Ertragskraft wurden durch gegenläufige Ereignisse neutralisiert: In Österreich sind unerwartete Verluste aus der Abwicklung von älteren Schäden aus der Rechtsschutzversicherung schlagend geworden. In CEE, speziell in Polen und Rumänien, waren wir mit Gesetzesänderungen konfrontiert, die das Kfz-Ergebnis deutlich vom Plan abweichen ließen.
Welche Maßnahmen gibt es, um die angepeilte Schaden-Kosten-Quote künftig zu erreichen?
Wir arbeiten an einem Sechs-Maßnahmen-Plan (siehe Kasten). Wir wollen zum Beispiel die Treffsicherheit bei der Risikokalkulation erhöhen, aber auch die Betrugserkennung verbessern – nicht zuletzt im Sinne aller ehrlichen Kunden. Zusätzlich werden wir verstärkt innovative Produkte auf den Markt bringen. Gelingen all diese Maßnahmen, werden wir bis 2020 die Combined Ratio nachhaltig unter 95 Prozent bringen.
An welche Innovationen denken Sie?
Der Trend geht in Richtung „Pay as You Use“. Hier sind wir mit dem Telematiktarif Safe Line schon gut unterwegs, und wir machen Mitte des Jahres einen Produkt-Refresh. Weiters planen wir, auch in CEE – konkret in Warschau, Prag, Budapest und Zagreb – ein Telematikprodukt anzubieten.
In der Schadenabwicklung sollen viele Tätigkeiten in das UNIQA Group Service Center Slovakia ausgelagert werden. Wie viele Menschen wird das in Österreich den Job kosten?
Es stimmt, wir verlagern über die nächsten Jahre noch mehr Tätigkeiten, unter anderem aus der Schadenbearbeitung, nach Nitra in der Slowakei. Der Wechsel nach Nitra erfolgt jedoch über natürliche Fluktuation. Fast jede Stelle, die hier – etwa durch Ruhestände – wegfällt, besetzen wir in Nitra neu.
Können Sie den Aktionären versprechen, dass die Schaden-Kosten-Quote für 2017 niedriger ausfällt als im letzten Jahr?
Das haben wir uns vorgenommen, und daran werden wir hart arbeiten. Unser Ziel liegt bei maximal 97,5 Prozent. Das wäre eine Verbesserung im Ergebnis um 18 Millionen Euro.
Seit 2008 bietet UNIQA in der Kfz-Versicherung den Telematiktarif SafeLine an. Damit trägt UNIQA dazu bei, Autofahren sicherer zu machen. Ein Drittel aller Unfälle passiert, weil das Handy während des Fahrens die Aufmerksamkeit auf sich zieht. UNIQA belohnt daher Autofahrer, die auf das Smartphone verzichten.