IFRS 9/17: Reporting ändert sich, Strategie bleibt gleich
Am 1. Jänner 2023 sind mit IFRS 17 und IFRS 9 zwei neue internationale Rechnungslegungsstandards in Kraft getreten, mit denen sich die Welt der Berichterstattung von Versicherungsunternehmen grundlegend verändert hat.
Die neuen Standards zielen insbesondere darauf ab, eine angemessenere Bewertung der Versicherungsverträge und der Finanzinstrumente sicherzustellen. Dies soll die Finanzberichterstattung verbessern und damit die Transparenz für die Aktionär:innen, aber auch für alle anderen Stakeholder:innen erhöhen. Die UNIQA Group hat ihr Reporting – nach weitreichenden Vorbereitungen – mit Beginn des Jahres 2023 umgestellt und mit den Ergebnissen des 1. Quartals 2023 erstmals nach den neuen Regeln berichtet.
Mehr Transparenz und Klarheit für Investor:innen
Einer der Hauptvorteile der vom International Accounting Standards Board (IASB) eingeführten neuen Standards IFRS 9/17 ist die erhöhte Transparenz. Die neuen Standards erfordern eine detailliertere Offenlegung der finanziellen Position und der Risiken von Versicherungsunternehmen. Dies ermöglicht es den Anleger:innen, fundierte Entscheidungen zu treffen, da sie ein klareres Bild von der finanziellen Situation und den zukünftigen Cashflows des jeweiligen Unternehmens erhalten. Durch die verbesserte Transparenz wird das Vertrauen in die Finanzberichterstattung gestärkt, was wiederum das Anlegerinteresse steigern sollte.
Bessere Einschätzbarkeit durch angemessenere Bewertungsmethodik
IFRS 17 bringt eine neue Bewertungsmethodik für Versicherungsverträge, die dem Geschäftsmodell der Branche besser entspricht: Die Polizzen werden nun nach erwarteten Cashflows bewertet, wodurch die Einschätzbarkeit der finanziellen Performance verbessert wird. Dabei wird auch ein Ausgleichsbetrag für nichtfinanzielle Risiken abgezogen (Risk Adjustment). Die Differenz bzw. der Residualwert entspricht dem erwarteten künftigen Ergebnis – im positiven Fall Gewinn – aus dem Versicherungsbestand. Damit spiegelt die Bilanz die wirtschaftliche Realität künftig besser wider als bisher.
Nach diesem sogenannten General Measurement Model (GMM) werden Versicherungsverträge der Lebensversicherung ohne Gewinnbeteiligung sowie langfristige Verträge der Schaden- und Unfallversicherung bewertet. Für Lebensversicherungsverträge mit Gewinnbeteiligung sowie die überwiegende Mehrheit der Krankenversicherungsverträge kommt der sogenannte Variable Fee Approach (VFA), eine Abwandlung des GMM, zur Anwendung. Für kurzfristige Verträge der Schaden- und Unfallversicherung – hier wirkt sich IFRS 17 nur geringfügig aus – kommt weitgehend der gut mit dem bisher geltenden IFRS 4 vergleichbare „Premium Allocation Approach“ (PAA) zur Anwendung.
Geänderte Umsatzdarstellung für präzisere Ergebnisse
In der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben sich nach IFRS 17 wesentliche Änderungen. Die wichtigste Änderung betrifft die Darstellung des Versicherungsumsatzes: Nach IFRS 17 werden nicht mehr Bruttoprämien ausgewiesen, sondern sogenannte Versicherungserlöse. Dabei wird zum Beispiel der Sparanteil von Lebensversicherungspolizzen abgezogen. Weiters wird in der Gesamtrechnung nicht mehr jeder Posten nach Rückversicherung ausgewiesen, sondern es werden sämtliche Posten brutto dargestellt und das gesamte Ergebnis aus der Rückversicherungsabgabe saldiert in einer eigenen Zeile gezeigt. Darüber hinaus wird das rechnungsmäßige Zinsergebnis nach IFRS 17 im Finanzergebnis ausgewiesen. Diese Veränderungen bieten den Aktionär:innen eine realistischere Einschätzung der finanziellen Performance des Unternehmens und ermöglichen eine fundiertere Beurteilung der Rentabilität.
Bilanz: Struktur der Passivseite grundlegend angepasst
In der Bilanz von Versicherungsunternehmen führt die Anwendung von IFRS 9/17 vor allem zu einer Neustrukturierung der Passiva, die großteils auf einer neuen Darstellung der versicherungstechnischen Rückstellungen beruht. Die neu eingeführte Position „Liability for Remaining Coverage“ (Deckungsrückstellung; LRC) repräsentiert die Verpflichtungen des Unternehmens gegenüber Versicherungsnehmer:innen für die verbleibende Deckungsdauer der Versicherungsverträge. Sie setzt sich im Wesentlichen aus dem Barwert der zukünftigen Cashflows aus diesen Polizzen, allenfalls erforderlichen Risikoanpassungen sowie einer vertraglichen Servicemarge (Contractual Service Margin; CSM) zusammen. Die „Liability for Incurred Claims“ (Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle; LIC) vervollständigt die versicherungstechnischen Rückstellungen. Dank dieser differenzierteren Aufschlüsselung repräsentiert die Bilanzstruktur nun wesentlich stärker die spezifischen Anforderungen der Versicherungsbranche. Größte Herausforderung dabei war die Neubewertung der CSM für das bestehende Geschäft.
Strategie und operatives Geschäft unverändert
Wichtig ist, bei alldem zu beachten: Der neue Standard ändert nur die Darstellung bzw. die Bilanzierung, nicht die operative Steuerung unseres Geschäfts und schon gar nicht dessen Profitabilität und Zukunftspotenzial. Konzernstrategie, Dividendenpolitik, Kapitalstärke und umsichtige Finanzierung von UNIQA bleiben somit unverändert. Die Ertragskraft unseres Geschäfts sollte für unsere Aktionär:innen künftig sogar noch deutlicher sichtbar werden.