Brief des CEO

2024 hat uns gefordert, fokussiert zu bleiben und unsere Kapazitäten gut zu balancieren. Einerseits war es unser Ehrgeiz, für Sie als unsere Aktionär:innen zum Abschluss unseres 2021 begonnen Strategieprogramms „UNIQA 3.0 – Seeding the Future“ ein wirklich gutes Ergebnis zu erreichen; und andererseits haben wir, gemeinsam mit unserem Aufsichtsrat, viel Intensität und Aufmerksamkeit in die Arbeit an der neuen Phase unserer Firmengeschichte investiert, also in „UNIQA 3.0 – Growing Impact (2025 – 2028)“.
Gestatten Sie, dass ich diesen kurzen Brief deshalb in zwei Kapitel teile.
1. UNIQA 3.0 – Seeding the Future (2021 – 2024)
Vier Jahre, die uns eindrücklich gelehrt haben, nichts mehr für gesichert und stattdessen alles für möglich zu halten. Covid-19, im Osten der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 und damit das Auftauchen eines düsteren Gespenstes, das in unserer über 200-jährigen Unternehmensgeschichte zuletzt vor über 80 Jahren seine grausame Fratze gezeigt hat: Krieg in Ländern, in denen wir tätig sind, mehr als 80 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs. Im Westen eine neue US-Regierung in Washington, deren Verhalten bisherige geopolitische Stabilitäten verrückt, bislang Undenkbares Realität werden lässt und Europa zu entschlossenem Handeln fordert.
- Wir evaluieren noch aufmerksamer und in noch kürzeren Abständen unsere Risikoszenarien. In unseren Aktivitäten als Erst- und Rückversicherer ebenso wie als Gesundheitsanbieter und als Investor. Ohne dabei übervorsichtig oder gar ängstlich zu werden, aber eben mit besonders hoher Sorgfalt.
- Unsere mehr als 17 Millionen Kund:innen erwarten von uns gerade heute, in Zeiten vieler Unsicherheiten, neben erstklassigem Service, Verlässlichkeit, Stabilität und Zuversicht. „Gemeinsam besser leben“ ist unser echtes Herzensanliegen. In die Ausbildung unserer etwa 15.000 Mitarbeitenden investieren wir deshalb besonders – in den letzten Jahren haben wir jährlich durchschnittlich 2.000 neue Kolleg:innen bei uns begrüßen dürfen, und sie alle wollen wir für unsere Mission gut ausbilden.
- Wir sehen gerade jetzt, in Zeiten vieler Ungewissheiten, reelle Chancen für profitables Wachstum. Für organisches ebenso wie für eines durch Zukäufe, sowohl im Kerngeschäft Versicherung mit unserer starken Marke UNIQA als auch im Wachstumsfeld Gesundheit mit unserer jungen Zweitmarke Mavie. Also investieren wir viel Zeit und Geld in die Weiterentwicklung unserer Unternehmenskultur: Den Rahmen bildet unsere klare Governance mit starkem Risikomanagement, sauberen Prozessen und dokumentierten Leitplanken, während wir im Inneren Unternehmertum, Eigenverantwortung und Gemeinsamkeit forcieren.
- 2024, der Schlussstein unseres bisherigen Strategieprogramms, war – trotz der höchsten Bruttobelastungen aus Leistungen nach Unwettern, die wir jemals an unsere Kund:innen bezahlt haben – letztlich ein sehr gutes Geschäftsjahr: bei einem Wachstum der verrechneten Prämien von 9 Prozent –14 Prozent in CEE und 5 Prozent in Österreich – erhöhte sich das Ergebnis vor Steuern um knapp 4 Prozent auf 442 Millionen Euro – der Vergleichswert des Vorjahres betrug 426 Millionen Euro. Unsere drei regionalen Segmente trugen dazu plangemäß bei: Österreich mit 313 Millionen Euro, International mit 214 Millionen Euro und unsere Rückversicherungsgesellschaft UNIQA Re mit Sitz in Zürich mit 80 Millionen Euro. Die Summe dieser drei Segmente ist um Belastungen in Höhe von 166 Millionen Euro aus den Segmenten Group Functions bzw. Konsolidierung zu reduzieren. Sowohl die technische Profitabilität unseres Portfolios als auch das Ergebnis der Kapitalanlagen entwickelten sich erfreulich.
- In der Produktgruppe der Schaden- und Unfallversicherung, das einen Anteil von rund 60 Prozent am gesamten Prämienvolumen hat und damit unser größtes Geschäftsfeld ist, kompensierte die hervorragende Qualität unseres Portfolios bei Privat- und Unternehmenskund:innen großteils die Schäden nach Unwettern, die eine historische Dimension angenommen haben: Sie beliefen sich brutto, also vor Entlastung durch unsere externen Rückversicherungspartner:innen, auf 387 Millionen Euro und waren damit etwa doppelt so hoch wie im ohnedies schon überdurchschnittlich belasteten Geschäftsjahr 2023. Allein die Aufwendungen für durch das Tief „Boris“ von Mitte September verursachte Schäden schlagen sich in den Ergebnissen unserer Gesellschaften in Österreich, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien mit 222 Millionen Euro brutto nieder.
Trotzdem lag die Combined Ratio netto, also die kombinierte Schaden- und Kostenquote nach Rückversicherung, bei soliden 93,1 Prozent und damit nur knapp über dem Vorjahreswert von 92,8 Prozent. Die Belastungen aus Naturkatastrophen stehen dabei für 3,2 Prozentpunkte, wovon wiederum „Boris“ 1,9 Prozentpunkte oder 85 Millionen Euro ausmacht.
- In unserer zweiten Produktgruppe, der Personenversicherung, zeigte sich ein verbessertes Bild: Einerseits stieg unsere Contractual Service Margin (CSM) – die Summe der von uns über die Vertragslaufzeiten erwarteten Gewinne – um etwa 80 Millionen Euro auf 5.346 Millionen Euro, und andererseits verbesserte sich die kombinierte Sustainability Ratio unseres Lebens- und Krankenversicherungsgeschäfts auf 77,8 Prozent (nach 69,1 Prozent im Jahr 2023). Nach Sparten betrachtet lag sie in der vom großen österreichischen Bestand dominierten Krankenversicherung bei 100,5 Prozent, in der Lebensversicherung bei deutlich verbesserten 65,6 Prozent. In letzterem Geschäftsfeld konnten wir in Österreich die hohen ablaufenden Bestände noch nicht gänzlich durch Neugeschäft kompensieren.
- Das Kapitalanlageergebnis lag mit netto 750 Millionen Euro deutlich über dem Vorjahreswert von 589 Millionen Euro, wofür vor allem ein deutlich gestiegener laufender Ertrag – auch aus unserer Beteiligung am Baukonzern STRABAG SE – verantwortlich war. Wir haben im Jahr 2024 rund 2,2 Milliarden Euro an festverzinslichen Wertpapieren neu veranlagt und dabei eine New Money Yield von 4,4 Prozent erzielt. Die durchschnittliche Rendite unserer Assets betrug 2,9 Prozent und verbesserte sich damit gegenüber dem Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte. Rund 2 Milliarden Euro unserer Assets werden übrigens bereits als grün und nachhaltig klassifiziert – ein zentrales Element unserer ESG-Ziele und unseres Klimatransitionsplans, den wir mit aller Konsequenz weiter umsetzen werden.
- Das Konzernergebnis netto stieg um knapp 15 Prozent auf 348 Millionen Euro – inklusive eines geringfügigen Effekts in Höhe von 2 Millionen Euro aus dem Verkauf unseres 75-Prozent-Anteils am russischen Joint Venture „Raiffeisen Life“, der unter der Rubrik „Aufgegebener Geschäftsbereich“ ausgewiesen wird. Der Dividendenvorschlag an die Hauptversammlung beträgt 60 Cent pro Aktie, dies entspricht einem Plus von 3 Cent pro Aktie gegenüber dem Vorjahr sowie einer Ausschüttungsquote von 53 Prozent. Wir erfüllen damit unser strategiekonformes Versprechen einer jährlich steigenden Dividende pro Aktie und einer Ausschüttungsquote von 50 bis 60 Prozent.
Der Return on Risk Adjusted Capital (RORAC) lag bei 14,6 Prozent, der Return on Equity (ROE) bei 12,4 Prozent und die regulatorische Solvenzquote nach Solvency II bei 264 Prozent.
2. UNIQA 3.0 – Growing Impact (2025 – 2028)
Unser neues Strategieprogramm „UNIQA 3.0 – Growing Impact (2025 – 2028)“, das wir dem Kapitalmarkt im Dezember 2024 in London und im Jänner 2025 in Wien vorgestellt haben, ist auf den ersten Blick eine evolutionäre Fortsetzung des letzten. Also nicht sehr spektakulär. Auf den zweiten Blick aber sehr wohl.
- Erstens, weil wir – neben dem Tagesgeschäft – über das gesamte Jahr 2024 hin die großen Fragen unserer künftigen Strategie – etwa Quellen des Wachstums, Zukunft der Personenversicherung, geografischer Fußabdruck unserer Gruppe oder Gesundheit jenseits von Versicherung – in einem sehr tiefgehenden Prozess Kapitel für Kapitel ständig mit unserem Aufsichtsrat diskutiert und anschließend zu einer im Detail belastbaren Strategie verprobt haben.
- Zweitens, weil wir ein klares Bild über jene Bereiche haben, wo wir besser werden wollen: in der Umsetzung unserer Pläne und in deren jeweiligen ökonomischen Returns auf der Zeitachse. Konsequent in dem zu sein, worauf wir fokussieren und auch in dem, worin wir künftig nicht mehr investieren werden. So haben wir uns – nach dem erfolgreichen Verkauf unseres russischen Joint Ventures – auf Basis sorgfältiger Analysen auch entschlossen, uns aus Albanien, Nordmazedonien und dem Kosovo zurückzuziehen. Trotz des zufriedenstellenden Wachstums unserer lokalen Gesellschaften und einer ebensolchen Profitabilität verkaufen wir – vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen – nach 18 Jahren der Marktpräsenz in diesen drei Staaten unsere Mehrheitsanteile an unseren lokalen albanischen Mitgesellschafter. Wir konzentrieren uns stattdessen auf die verbleibenden größeren Märkte und Einheiten in CEE. Damit ist unsere geografische Bereinigung in Zentral- und Osteuropa abgeschlossen, weitere Verkäufe streben wir nicht an.
- Auf den eben erwähnten beiden Kapitalmarkttagen fand die breite Diversifizierung unseres Unternehmens, die Ihnen als Aktionär:innen hohe Sicherheit bietet, sehr positive Resonanz. Eine breite Diversifizierung sowohl…
… in Bezug auf die verrechneten Prämien (Österreich mit 4,5 Milliarden Euro oder 57 Prozent, CEE mit 3,2 Milliarden Euro oder 43 Prozent) als auch…
… in Bezug auf den Ertrag (siehe Punkt 1 oben) als auch…
… in Bezug auf unsere drei Kundensegmente (Privatkund:innen: 4,4 Milliarden Euro oder 58 Prozent, Unternehmenskund:innen: 2,2 Milliarden Euro oder 29 Prozent, Bankkund:innen: 1,0 Milliarden Euro oder 13 Prozent) als auch…
… in Bezug auf unsere drei Produktgruppen (Schaden- und Unfallversicherung: 4,7 Milliarden Euro oder 60 Prozent, Lebensversicherung: 1,6 Milliarden Euro oder 21 Prozent, Krankenversicherung: 1,5 Milliarden Euro oder 19 Prozent) als auch…
… in Bezug auf unsere Vertriebswege (exklusiver Vertrieb: 45 Prozent, Maklervertrieb: 33 Prozent, Bankenvertrieb: 15 Prozent, Digital- und Direktvertrieb: 7 Prozent).
Langfristig wird auch unser junges und potenzialreiches Geschäftsfeld Gesundheit unter dem Markennamen Mavie signifikant zur Diversifizierung beitragen. Vier Jahre nach Gründung sind wir in Österreich bereits der führende Anbieter für betriebliches Gesundheitswesen sowie Marktführer in der privaten 24/7-Betreuung zu Hause und investieren – neben rund 265 Millionen Euro in unsere österreichische Spitalgruppe mit Häusern in Wien, Graz, Salzburg und Wörgl – fokussiert in Telemedizin, eine der Schlüsseltechnologien im Gesundheitswesen Europas von morgen.
Um unseren Kund:innen auf Basis einer exzellenten Servicequalität einen wachsenden Mehrwert – also mehr Relevanz, mehr „Impact“ – in ihrem Leben zu bieten, wird UNIQA in den nächsten vier Jahren jeweils ein durchschnittliches Wachstum bei den verrechneten Prämien von mindestens 5 Prozent bringen. Die Nettoerträge sollen – bei einem ROE von 12 Prozent oder mehr – im Durchschnitt um mindestens 6 Prozent pro Jahr steigen. Dies wird es uns erlauben, der Hauptversammlung bei einer unveränderten Ausschüttungsquote von 50 bis 60 Prozent jeweils eine jährlich steigende Dividende pro Aktie vorzuschlagen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir danken Ihnen herzlich für Ihr Vertrauen in UNIQA und Ihr Interesse an unserer Unternehmensgruppe! Wir freuen uns, trotz aller geopolitischen Instabilitäten und bei aller gebotenen Wachsamkeit mit viel Kraft, Leidenschaft und Optimismus in das erste Jahr unseres neuen Strategieprogramms „UNIQA 3.0 – Growing"“ zu starten, und hoffen, Ihnen auch in rund einem Jahr einen für Sie zufriedenstellenden Bericht über unsere Entwicklung geben zu können!
Andreas Brandstetter
im Namen des Vorstandsteams